Von allen Orten, an die wir seit Beginn der Pandemie zurückkehren wollen, steht der Arbeitsplatz ganz oben auf der Liste. Es gibt zwar keine pauschale Strategie, um uns wieder dort hinzubringen, wo wir einst herkamen, aber eines ist sicher: Die Post-Corona Büroarbeit wird nie mehr dieselbe sein.
Wir wissen, dass Arbeitsumgebungen die Veränderungen unserer heutigen und zukünftigen Arbeitsweise unterstützen müssen. Die Arbeit im Büro ist nicht mehr das, was sie einmal war. Mitarbeitende haben andere Ansprüche entwickelt, die sie durch Home Office & Co. kennenlernen durften. Glücklicherweise weisen viele positive Trends, die bereits vor der Pandemie auf dem Vormarsch waren, den Weg, um Mitarbeitenden zu helfen, sich auch nach Corona sicher zu fühlen und gleichzeitig produktiv zu sein. Das künftige Ziel besteht darin, die Qualität des Arbeitsplatzes im Unternehmen zu verbessern, damit sich die Mitarbeitenden auf ihre Arbeit so konzentrieren können, wie es ihren Bedürfnissen und den Bedürfnissen jedes Unternehmens am besten entspricht.
Während die Arbeitsweise der Zukunft neu gedacht wird, sollten drei essentielle Elemente betrachtet werden: Der „dritte Ort“, die Personendichte am Arbeitsplatz und die Flexibilität.
Der „dritte Raum“
Dritte Räume sind Alternativen zu herkömmlichen Büroräumen (z. B. Schreibtische und Konferenzräume) und können sich je nach Arbeitsaufgabe am Unternehmensstandort selbst oder außerhalb des Standorts befinden. Diese Bereiche können etwa Lounges oder Rückzugsorte für konzentriertes, fokussiertes Arbeiten sein.
Wie können wir sicherstellen, dass Mitarbeitende ihre Arbeit erledigen können, wenn sie nicht an ihrem Schreibtisch sitzen?
Wenn dritte Räume geschaffen werden können, die das Arbeiten abseits von Schreibtischen fördern, werden tatsächlich mehr Möglichkeiten für die Produktivität geschaffen. Nicht jedes Projekt erfordert die gleiche Umgebung oder den gleichen Arbeitsbereich. Werden den Mitarbeitenden mehrere Optionen zum Arbeiten geboten, bietet dies außerdem die Chance, zeiteffizienter zu arbeiten.
Um Bereiche des Büros zu gestalten, die als Arbeitsbereiche abseits des Schreibtisches genutzt werden können, sollten ergonomische Lounge-Sitzmöbel mit ausreichenden Oberflächen für Laptops, Tassen und andere persönliche Gegenstände angeboten werden. Sitz- und Stehtische, Touch-Down-Spots für schnelle Besprechungen oder Kabinen neben Arbeitsbereichen sind ebenso wertvolle Optionen zur Gestaltung „dritter Räume“. Wichtig hierbei ist der Zugang zur Stromversorgung für Laptops, Smartphones usw.
Lädt ein dritter Raum nicht zur Arbeitsunterbrechung ein?
Das Gegenteil kann der Fall sein. Während ein einzelner Schreibtisch, eine Kabine oder ein Büro meistens als persönlicher Raum angesehen wird, lädt er auch zur Arbeitsunterbrechung ein, da Kollegen wissen, wo Sie zu finden sind. Einige Mitarbeitende suchen einen „dritten Raum", der privater ist als ihr Schreibtisch, und teilen anderen mit, dass sie zu diesem Zeitpunkt nicht gestört werden möchten. Dies kann zum Beispiel eine Ecke mit einem durchsichtigen Vorhang oder eine Trennwand sein, die ein visuelles „Bitte nicht stören“-Zeichen gibt.
Personendichte am Arbeitsplatz
In der Vergangenheit neigten Arbeitgebende dazu, die Anzahl der Arbeitnehmenden, die sie in einem bestimmten Raum unterbringen konnten, zu maximieren. Aber Sicherheitsvorkehrungen und Abstandsrichtlinien, die während der Pandemie notwendig wurden, stellten diese Vorstellung auf den Kopf. Das Konzept der Personendichte am Arbeitsplatz musste grundlegend überdacht werden. Welches Konzept ist hier das sinnvollste? Nicht nur im Hinblick auf Gesundheit und Sicherheit, sondern auch in Bezug auf die Produktivität.
Was ist falsch an einem traditionellen Besprechungsraum?
Abgesehen davon, dass Menschen in einen statischen Raum einquartiert werden, der oft keine gute Luftzirkulation bietet, werden die meisten Bürointeraktionen durch die physische Anordnung eines herkömmlichen Besprechungs- oder Konferenzraums nicht angemessen unterstützt.
Bei kritischen Gesprächen beispielsweise, schafft ein langer, rechteckiger Tisch eine Atmosphäre der Konfrontation. Wenn es um Zusammenarbeit und Ideenfindung geht, sorgt ein statischer Arbeitsplatz mit einer Person am Kopfende für eine ungleiche Machtverteilung. Das Ziel sollte vielmehr darin bestehen, Räume zu gestalten, die die Zusammenarbeit, die Kreativität und den Dialog fördern.
Werden nicht größere Räume mit mehr Quadratmetern benötigt, um sichere Abstände zu ermöglichen?
Viele Besprechungsräume werden weniger als 40% der Zeit genutzt, weshalb diese Räume hervorragend dazu geeignet sind, sie die restlichen 60% anderweitig zu nutzen. Zum Beispiel könnten Stellwände, die nicht dauerhaft in Gebrauch sind, dort untergebracht werden oder zeitweise Möbel, wie zum Beispiel (Massage-)Sessel, dort hineingestellt werden, um den Mitarbeitenden weitere Optionen zur Entspannung zu bieten. Um doppelte Nutzungen zu vermeiden, wäre es sinnvoll, diese Räume zum Beispiel mittels einer App buchen zu können. Diese Art der multifunktionalen Planung maximiert den Kosten-Nutzen-Faktor (eines Konferenzraumes) um ein Vielfaches. Sie reduziert die Gesamtfläche eines Büros, verliert jedoch keine Funktionalität des Raums.
Es herrscht immer noch große Unsicherheit darüber, wie viele Personen im Büro sein werden. Wie können wir dies berücksichtigen, ohne viel teuren, ungenutzten Raum zu schaffen?
Bei einer vorauszusehenden, hybriden Arbeitszukunft ist der Personalbestand nicht mehr an den Schreibtisch im Unternehmen gebunden. Künftig werden Architektur-Firmen nur noch für 60-70% der Mitarbeitenden Arbeitsplätze vor Ort bei ihrem Design berücksichtigen, vorausgesetzt, einige sind nicht jeden Tag vor Ort.
Dabei wird im Sinne des „Nachbarschafts-Prinzips“ geplant: Mitarbeitende werden demnach kleinen Nachbarschaften zugeordnet, die beispielsweise 10 bis 12 Personen Platz bieten, sodass sie bei der Arbeit bekannte Gesichter um sich herum, aber möglicherweise keinen fest zugeordneten Schreibtisch haben. Nachbarschaften, die auf Teams basieren und eng zusammenarbeiten, sind in der Regel sehr funktional. Mit einer Mischung aus anpassbaren Schreibtisch- und Loungebereichen, kann sich jede Nachbarschaft auf unterschiedliche Arbeitsweisen einstellen: Zum Beispiel konzentriertes Arbeiten am Schreibtisch oder kommunikativer Austausch in der Lounge.
Flexibilität
Flexibilität sollte das Leitprinzip für jeden modernen Arbeitsplatz sein. Was das bedeuten kann, ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Im Fokus sollten dabei stets die Bedürfnisse der Mitarbeitenden stehen und was sie benötigen, um sich wohlzufühlen, um letztlich produktiv sein.
Die Arbeit von zu Hause aus hat den Wunsch der Mitarbeitenden nach Wahlmöglichkeiten und Kontrolle darüber erhöht, wie und wo sie arbeiten. Wie können wir dem im Büro gerecht werden?
Während einige Kolleginnen und Kollegen der Rückkehr ins Büro sehnsüchtig entgegenfieberten, stehen andere dem kritisch gegenüber. Wieder andere möchten (und können) weiterhin dauerhaft remote arbeiten, aber dennoch gelegentlich ins Büro kommen. Um den neuen und vor allem vielfältigen Ansprüchen und Wünschen der Mitarbeitenden gerecht zu werden, sollten im Post-Corona Büro genügend Möglichkeiten geschaffen werden, sich nicht zwingend an den eigenen Schreibtisch binden zu müssen. Wer dies möchte, kann dies natürlich trotzdem tun. Aber die Optionen müssen gegeben sein, von überall aus im Büro zu arbeiten. Cafés oder Lounge-Bereiche können gut funktionieren oder auch das Nachbarschaftsmodell, um mehr Flexibilität zu erreichen.
Mobilität und Technologie können eine herausfordernde Kombination sein. Können wir beides haben?
Das eine muss das andere nicht unbedingt ausschließen. Wichtig ist, dass den Kolleginnen und Kollegen eine stabile Internetverbindung geboten wird, sowie alle Nebenräume über einen ausreichend Stromanschlüsse verfügen. Der Vorteil ist, dass Technologie viele andere Arbeitsplatzprobleme lösen kann: Ein intelligentes Gebäudedesign hilft dabei, Mobilität und Technologie miteinander zu vereinen.
Worauf es ankommt
Anstatt die beste Schreibtischlösung für die Bürobevölkerung zu entwerfen, sollten wir die beste Gesamtlösung für den Arbeitsplatz entwerfen. Dies hängt von der Vielfalt und Flexibilität der Räume ab. Woran jemand den ganzen Tag arbeitet, kann sich ändern. Die beste Umgebung für konzentriertes ist möglicherweise nicht die beste für die Zusammenarbeit im Team, und es ist in Ordnung, wenn diese Dinge nicht am selben Ort passieren. Entscheidend ist, dass der Arbeitsplatz eine Vielzahl von Räumen bietet, die den ganzen Tag für eine Vielzahl von Aufgaben geeignet sind.
Cushing Terrell, Austin, Januar 2022.
Credits
Gastbeitrag von Cushing Terrell
Redaktioneller Inhalt: Sandi Rudy, Associate/ Senior Interior Designer bei Cushing Terrell
Photo-Credits: Marco Zecchin
Über Sandi Rudy
Sandi ist Associate und Senior Interior Designer und hat sich auf Projekte spezialisiert hat, die von gewerblichen Innenräumen bis hin zum Gesundheit- und Bildungswesen reichen. Mit ihrem umfangreichen Arbeitsportfolio für "große" globale aber auch für nationale Kunden ist sie eine Anlaufstelle für gewerbliche Innenräume, Raumplanung, Projektplanung und Teambuilding. Sandis Vision für produktive und nachhaltige Räume war ein wichtiger Antrieb für unzählige menschenzentrierte Designlösungen. Sie liebt es zu erforschen, wie Menschen von der gestalteten Umgebung um sie herum beeinflusst werden und wie Menschen wiederrum die gestaltete Umgebung zum Besseren beeinflussen können.