SkB ist ein Fullservice Architektur- und Designbüro mit Sitz in Seattle im US-Bundesstatt Washington, das sich als „Boutique für Design“ versteht. Klingt gemütlich und bescheiden. Doch SkB Architects entwickelte nicht weniger als eine komplette Designsprache für alle 779 Microsoft-Niederlassungen weltweit und insgesamt über 4.2 Millionen Quadratmeter: Den Microsoft Design Language for Place.
Abgesehen von Microsoft: Auf welche anderen Workplace-Projekte bist Du besonders stolz und warum?
Shannon Gaffney: Zum Beispiel auf unsere Arbeit für KEXP. 90.3 KEXP FM ist ein unabhängiger Radiosender mit Hörern auf der ganzen Welt. Sein Leitspruch ist "Connecting people through music“. Unser Ziel war, dafür zu sorgen, diese Botschaft in Architektur und Design zu übersetzen, sie durch die Raumgebung zu verstärken.
Inzwischen verbindet KEXP Menschen nicht allein über den Äther, sondern auch über einen öffentlichen Platz, auf dem die DJs live performen.
Dieser Ort verbindet die Menschen auch auf der Gemeinschaftsebene, indem es die Lower-Queen-Anne-Nachbarschaft mit dem Zentrum von Seattle, mit Seattle Downtown verknüpft. Aus unserer Sicht die perfekte Entsprechung des Anspruchs von KEXP mehr als nur ein Radiosender zu sein, sondern auch so etwas wie ein globaler Knotenpunkt für Musik.
Als Chris Cornell 2017 starb, der hier geborene Frontmann von Soundgarden, war KEXP der Platz, an dem sich die Community versammelte, um zu trauern und seiner zu gedenken. Dass so viele Menschen den von uns entwickelten und gestalteten Raum auf diese Weise nutzten war für uns als Architekten und Designer eine große Ehre.
Unsere Arbeit für die weltweit tätige Unternehmensberatung Boston Consulting ist ein weiteres Projekt, über das wir sehr glücklich sind. Boston Consulting wollte, dass wir deren neues Büro in Seattle designen. Die Räumlichkeiten mit ihrem atemberaubenden Blick auf Puget Sound, die Meeresbucht in Seattle, fühlt sich fast mehr an wie die Lobby eines Boutique-Hotels an als Büro.
Es ist doch so: Im Grunde will keiner, dass sich sein Büro als Büro anfühlt, oder? Die Mitarbeiter, zumeist Consultants, die 90 Prozent ihrer Arbeitszeit in den Offices ihrer Klienten verbringen, können hier fast die gesamte Fläche für ihre Arbeit nutzen; bloß ein paar klassische Schreibtische sind vorgesehen für diejenigen, die Privatsphäre benötigen. Da die Mitarbeiter von Boston Consulting meistens aushäusig arbeiten, haben wir uns für einen Verteilungsschlüssel von einem Workspace für zwei Mitarbeiter entschieden, was völlig ausreichend ist, obwohl sich die Workspaces großer Beliebtheit erfreuen. Inzwischen kommen viele an Arbeitstagen, an denen sie nicht bei ihren Klienten sind, dorthin um zu arbeiten, statt ins Café zu gehen oder Home-Office zu machen. Ein untrügliches Zeichen dafür, das wir unseren Job gut gemacht haben.
Als augenzwinkerndes Fun-Element haben wir in einem Kämmerchen hinter der Küche ein kleines „Speakeasy“ versteckt. Speakeasies waren während der Prohibition in den zwanziger Jahren bekanntlich ziemlich populär in den USA. Damals wurden Bars an den ungewöhnlichsten Plätzen versteckt.
Shannon, gib uns bitte einen Einblick in deine persönliche Arbeitsweise. Zu welchen Zeiten arbeitest Du gewöhnlich und wie sieht dein eigener Arbeitsplatz aus?
Shannon Gaffney: Ich arbeite dort, wo es sich gut anfühlt. Was meinen Arbeitsort angeht, bin ich ein ziemlich komischer Kauz. Er kann wöchentlich oder monatlich wechseln. Grundsätzlich bevorzuge ich es, mich nicht zu sehr an einen Platz zu binden. Ich kann Zuhause am Küchentisch arbeiten oder auch am dortigen Schreibtisch bei laufendem Fernseher oder Musik. Klassische Bürowerkzeuge wie Füller, Blei- oder Filzstifte liegen immer verstreut vor mir rum.
Wie sieht es mit deinen Mitarbeitern aus? Erwartest du von ihnen, von eurem Office aus zu arbeiten?
Shannon Gaffney: Nein, müssen sie nicht. Allerdings fesseln sie Werkzeuge wie bestimmte Grafik-Software beizeiten schon an unser Studio.
Ansonsten haben wir keine festen Regeln, die bestimmen, wo die Arbeit verrichtet werden soll. Eigentlich ist es eine Frage des Menschenverstands. In gewissem Sinn bin ich wie eine Mutter, die ihren Kindern zuruft: „Sagt uns Bescheid, wo ihr seid!“
In Europa, speziell in Deutschland, sind die Vertreter zweier Arbeitsweisen verbreitet: Solche, die nie aufhören und heroisch durch die Nacht reiten. (Oder ihre profanen Neffen, die im Büro-Sitzer-um-gesehen-zu-werden.) Und die gut organisierten Work-Life-Balancer. Auf welcher Seite stehst Du? Und wie viele Stunden am Tag, bist du normalerweise produktiv?
Shannon Gaffney: Richtig produktiv? Nun, manchmal habe ich das Gefühl, nichts geschafft zu haben und manchmal arbeite ich bis in die Nacht. Aber vielleicht sollten wir den Begriff „produktiv“ einmal definieren – oder auch neudefinieren. Ich höre auf, wenn ich zufrieden bin oder mit Klienten oder Kunden eine Verabredung habe. Wenn ich nach Hause komme, mache ich mit meinem Mann, der wie Du weißt, auch mein Geschäftspartner ist, die üblichen Dinge. Aber es kommt auch oft vor, dass wir an Ideen oder Strategien feilen.
Wann ich beginne? Ich skizziere Ideen, schreibe, lese, kritzle Dinge auf Papier eigentlich immer und überall. Nachts, früh am Morgen – wann immer ich das Bedürfnis danach habe.
Shannon, vielen Dank für das Gespräch und für die anregenden Einblicke in deine Arbeit.
Shannon Gaffney: Ich danke dir, Jonas. Hat Spaß gemacht.
Im ersten Teil unseres Gesprächs mit Shannon Gaffney, der Mitgründerin von SkB Architects, sprechen wir über ihre Arbeit für Microsoft, ihr Verständnis von Produktivität und darüber, warum es sie langweilt, dass man mit Seattle oft sofort Kurt Cobain und Lachs in Verbindung bringt.
Autor: Jonas Demel
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