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Wie sieht der hybride Arbeitsplatz in Zukunft aus?

Episode 2

Diese Frage haben wir unseren Office Inspiration Experten gestellt. Und das Echo darauf war enorm: Uns erreichten so viele spannende Erfahrungsberichte und Meinungen, dass wir uns kurzerhand entschieden haben, aus einem Artikel zum Thema mehrere zu machen. Hier also Episode 2 mit weiteren Stimmen unserer Experten zum Thema „Hybride Arbeit“. Wir wünschen euch eine aufschlussreiche Lektüre!

Online-Meetings und digitale Zusammenarbeit sind seit der Pandemie wesentliche Bestandteile unseres Arbeitsalltags und sie werden wohl auch bleiben: Denn rund 73 Prozent aller Angestellten wollen laut Work Trend Index 2021 auch in Zukunft flexibel und remote arbeiten. Doch wie gehen Unternehmen mit diesem Wandel um? Wie lassen sich Büro und Home Office in Einklang bringen? Hat das physische Büro vielleicht sogar ausgedient? Lassen wir die Experten zu Wort kommen, die wir danach gefragt haben!

Das Berliner Architekturbüro de Winder ist der Meinung, dass das Hybride Arbeiten abhängig von Sinn, Zweck und Arbeit ist und bei rein dienstleistungsorientierten Arbeiten, die abhängig von Dritten sind, deutlich schwieriger umzusetzen sei als in freien, kreativen Prozessen. Ihrer Erfahrung nach setzt sich der Arbeitsalltag in ihrem Büro aus vielen verschiedenen Tätigkeitsformen zusammen, von denen einige gut ortsunabhängig funktionieren, andere dafür weniger. 

Foto: de Winder, Mark Seelen Photography

Auch wenn das räumlich physische Zusammenarbeiten der Teams nicht unbedingt über hybride Formen ersetzbar ist, praktiziert ihr Unternehmen vermehrt neue Arbeitsformen und ergänzt seine Kommunikation untereinander sowie mit den Bauherren immer stärker über digitale Kanäle.

Allerdings haben die de Winder Architekten dabei feststellen müssen, dass sich elementar wichtige Abstimmungsprozessen nur digital unzureichend abbilden lassen. Bemusterungen von Materialien oder Mobiliar führt ihr Unternehmen deshalb nach wie vor mit den Bauherren persönlich durch. Andere neue Arbeitsformen hingegen sind eine hervorragende Erweiterung und teils auch Erleichterung in ihrem Arbeitsalltag, beispielsweise bei Projekten fernab ihres Bürostandortes.

„Wir haben dazu gelernt und glauben, dass eine Rückkehr zu stationärem Arbeiten wie vor 2020 nicht mehr für uns möglich ist. Jedoch müssen dadurch persönliche Komfortzonen und territoriale Arbeitsplatzansprüche aufgegeben werden. Wir können auch bei vielen unserer Kunden eindeutig ablesen, dass diese neue Form der Arbeit und Zusammenarbeit zunehmend abgefragt wird und dies den Wunsch der Mitarbeitenden im Unternehmen darstellt. Nicht zuletzt ist Hybrides Arbeiten für Unternehmen heute ein eindeutiger Wettbewerbsvorteil im Recruiting und wird immer selbstverständlicher ins Angebotsportfolio übernommen.

Foto: de Winder, Mark Seelen Photography

Hybrides, ortsunabhängiges Arbeiten mit flexiblen Zeiten erfordert aber auch neue Regeln der Zusammenarbeit als Grundvoraussetzung für Interdisziplinarität. Die Privatsphäre löst sich bei zunehmender mobiler Tätigkeit von zuhause mehr und mehr auf, sodass das Büro als Raum nun auf eigene Weise die Privatsphäre ergänzt und vice versa als Rückzugsort dient. Gestaltet werden diese neuen Arbeitslandschaften bei de Winder deshalb durch eingebettete fließende Räume mit unterschiedlichen atmosphärischen Dichten und Arten von Kollaboration. 

„Das heutige Büro funktioniert mehr und mehr als kleine Stadt oder Dorf, ganz im Sinne van Eycks. Man kann sich auch fragen, was hybride Orte sind, und ob es diese überhaupt allgemeingültig geben kann. Denken wir nur an die heimische Küche, die neben ihrer eigentlichen Bestimmung bei uns allen seit jeher auch hybrid genutzt wird, als Ort der Geselligkeit, des Zusammentreffens und Kollaborierens und aktuell verstärkt als Arbeitsort.“ 

Markus Menzinger von der Office Group GmbH ist beim Thema Hybriden Arbeiten der Meinung, dass es für einen erfolgreichen Transformationsprozess wichtig ist, auch die Mitarbeiter entsprechend einzubinden:

„Wie bei allen Dingen im Leben, braucht es seine Zeit, sich auf den Rhythmus von etwas Neuem einzulassen. Jeder Mensch trägt in sich eine schöpferische Kraft, die bei vielen total verschüttet worden ist. Ein gutes anregendes Zusammenwirken im Team kann hier bisher nicht geglaubte oder verstaubte Talente wieder an die Oberfläche bringen. Im Klartext: Das Team kennt sich selbst am besten. Es sollte auch die Verantwortung übernehmen, festzulegen, wieviel Freiheiten und wie viele Regeln wichtig sind, um gemeinsam die Projekt-Ziele zu erreichen. Ich halte es für praktikabel, dass das Team sich seine eigene optimale Hybrid-Lösung zusammenstellt und verfeinert und anpasst, wenn es hakt oder nicht auf Anhieb funktioniert.“

Auch Tine Rathjen, Inhaberin von Preussisch Portugal, hat uns geschrieben und uns von den Erfahrungen bei ihren Kunden und Kundinnen berichtet.

„Als positiv am Hybriden Arbeiten empfinden die meisten meiner Kollegen bzw. Kolleginnen und ich vor allem die erhöhte Flexibilität. Es ist nun viel einfacher, Beruf und Familie zu vereinen. Und vor allem in den Teams, die sich gut kennen, funktioniert alles ohne großen Informationsverluste.“

Foto: Preussisch Portugal

Bei manchen Kunden und Kundinnen gilt mittlerweile das „Flex-Desk-Prinzip“: Ihre Mitarbeiter*innen wählen ihren Arbeitsplatz täglich neu und teilen sich die Arbeitsplätze. Dadurch wurde Platz dazugewonnen, der nun für andere Dinge genutzt werden kann. Allerdings hat Rathjen auch Nachteile beim Desksharing festgestellt:

In einigen Unternehmen geht es ein bisschen so zu, wie auf Mallorca am Pool: Hier wird um die attraktivsten Arbeitsplätze konkurriert. Manche Mitarbeiter kommen deshalb sogar früher zur Arbeit. Auch stelle ich fest, dass die Individualisierung am Arbeitsplatz etwas verloren geht. Früher standen auf dem Schreibtisch auch mal persönliche Dinge. Und die haben ja dem Wohlbefinden am Arbeitsplatz gedient. Auch das immer wieder neu Einrichten des Arbeitsplatzes frisst manchmal einfach nur Zeit.“

Foto: Preussisch Portugal

Auch die gemeinsame Terminfindung vor Ort sei durch unterschiedliche Home Office-Tage schwieriger geworden. Projektprozesse ziehen sich dadurch länger hin. Und durch den weggefallenen oder weniger gewordenen „Flurfunk“ bleibe oftmals auch die so wichtige Kommunikation der Mitarbeiter untereinander auf der Strecke. Um das alles zukünftig besser in den Griff zu bekommen, hat Rathjen aber auch schon ein paar Ideen:

„Das Personal muss in diesen Zeiten mehr denn je an die Hand genommen und geführt werden. Die neue Firmenkultur muss dabei von allen Team- und Abteilungsleitern vorgelebt werden. Im Gestaltungsprozess planen wir Flex Desk-Konzepte dahingehend ein, dass die Tische möglichst nur Team-intern getauscht werden. Außerdem versuchen wir, das Büroumfeld für unsere Kunden so wohnlich und angenehm wie möglich zu gestalten, damit die Mitarbeiter*innen auch gerne ins Büro kommen.“ Gemeinsame Team-Events spielen dabei eine größere Rolle als vorher – und dafür müssen flexible Kommunikationsflächen im Büro geschaffen werden."

Danke für die vielseitigen und ausführlichen Antworten, liebe Experten. Weiter geht es demnächst in der finalen Episode 3 zu diesem Thema.